andrea witzmann | |
Im Donau Delta, wo das zum Meer drängende Wasser entschleunigt in den Parkbuchten der verästelten Arme in den Auen eine Auszeit nimmt. Hier anlegen und den gebremsten Fluss aufnehmen. Sichtbar wird was sich ansammelt. Wenn sich am Strand oder im Schilf zahlreiche Leerflaschen finden, ergibt das bei fotografischer Betrachtung des je einzelnen Schwemmgutes unterschiedliche Individualitäten. Die mechanische Abnutzung der angespülten, ursprünglich perfekten Fließbandprodukte erzählt von Abenteuern und vom Ausreißen. Angekommen am Strand des Marea Neagra nahe Sulina, wo die Donau in monochromgraues Meer, Erde und Himmel übergeht. Zusammen mit hunderten bunten Plastikflaschen. Das befüllte Behältnis, auf Meer und Berg getragen, wird geleert, durch Wind und Wellen an alle Stellen vertragen, an denen ich nunmehr nicht mehr glauben kann allein zu sein. Chaos, aus sich heraus ungleich stärker als Ordnung, wird hier am Beispiel des gestrandeten farbenfrohen Treibguts in Frage gestellt. Ist die rote Ketchupflasche - gleich dem beringten Vogel - am Zielort angekommen? Sind diese Flaschen Versuchsanordnungen für den Lauf der Dinge? Geht es so Sternen und Sandkörnern auf ihrer Reise? Ein Ort, ein gesetztes Ziel, das ich unbedingt erreichen will, dem ich mich in Zügen und Booten annähere durch eine entschälte, nackte Landschaft. Jetzt im Jänner wird die unstrukturierte Materie, die sich immer wieder aufs Neue verräumt, ohne verschleiernde grüne Blätter sichtbar. Der scheinbar gleichförmige Horizont aneinandergereihter Anhäufungen, entstanden durch wiederkehrende Vorgänge in regelmäßigen Kreisläufen. Amorphes wird gestaltet, gebündelt und bahnt sich den Weg zurück zum unscharfen Haufen. Wie viele Teile müssen entfernt werden, um eine strukturierte Menge zu bilden? Der Haufen als Skulptur muss erst aus dem Haufen der Natur gelöst werden. |
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